Queerfeminismus, der
Queerfeminismus bezeichnet eine vielschichtige, sowohl aktivistische als auch akademische Strömung des Feminismus, die in Deutschland seit den 1990er Jahren zunehmend an Bedeutung gewinnt.
Queerfeminismus geht davon aus, dass Geschlecht nicht biologisch oder psychologisch vorherbestimmt ist, sondern den Menschen ein soziales Geschlecht (⇒ Gender) und körperliches Geschlecht (⇒ Sex), sowie daran gebundene Geschlechterrollen gesellschaftlich zugeschrieben werden. Geschlecht, Körper und Sexualität haben demnach wandelbare Bedeutungen, die historisch und kulturell gewachsen sind. Die vermeintlich natürliche Zweigeschlechtlichkeit und Heterosexualität (d. h. die Organisation der Gesellschaft anhand der zwei Geschlechter Mann und Frau, die ausschließlich einander begehren sollen) werden als gesellschaftliche Normen kritisiert. Queerfeminismus geht stattdessen von einer differenzierten Bandbreite der Geschlechter, Sexualitäten und Begehrensformen aus.
Im Queerfeminismus gibt es nicht die Frau mit einer allgemeingültigen Perspektive, da Menschen, denen das weibliche Geschlecht zugeschrieben wird, keine einheitlichen Erfahrungen machen. Heterosexuelle, weiße, lesbische, schwarze, transgeschlechtliche, arme Frauen – sie alle werden auf gewisse Weise ähnlich, auf gewisse Weise unterschiedlich diskriminiert. Mehrfachdiskriminierung spielt daher im Queerfeminismus eine wichtige Rolle und wird als Herausforderung verstanden, solidarisch zu handeln und Unterschiede mitzudenken. Die vielfältige Zusammensetzung einer queerfeministischen Bewegung ist damit wegweisend für ihre Visionen und politischen Forderungen.
Quellen
- Braidotti, R. Patterns of dissonance. A study of women in contemporary philosophy. Cambridge: Polity Press, 1991, S. 142.
- Haraway, D. (Hrsg.). “A cyborg manifesto: Science, technology, and socialist-feminism in the late twentieth century”. In Simians, Cyborgs and Women: The Reinvention of Nature, Routledge, 1991, S. 161.
- Klingner, C. „Dualismenbildung: dem Denken vorfindlich, unausweichlich und falsch“. In B. Kortendiek, B. Riegraf & K. Sabisch (Hrsg.), Handbuch Interdisziplinäre Geschlechterforschung (S. 165-175). Springer VS, 2019.
- Lichtenstein S., Rolling Eyes Collective (Hrsg). Rolling Eyes Glossar: Ein Projekt der Hochschule Düsseldorf 2019, Fachbereich Sozial- und Kulturwissenschaften. Düsseldorf, 2019. Letzter Zugriff 26.03.2020.
- Rohde-Dachser, C. Expedition in den dunklen Kontinent – Weiblichkeit im Diskurs der Psychoanalyse. Springer, 1991, S. 61.
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