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#klargestellt

inter (Adj.)

Inter* ist eine Sammelbezeichnung für Menschen mit angeborenen Merkmalen, die nicht in die ⇒ binäre gesellschaftliche Norm von weiblich oder männlich passen. Das Asterisk hinter dem Wort „inter“ steht für die Vielfalt an inter* Körpern und Identitäten (Antidiskriminierungstelle des Bundes).

Inter* Personen wissen nicht immer von Geburt an von ihrer Intergeschlechtlichkeit. Sie kann sich auch erst in der Pubertät oder im Erwachsenenalter zeigen. Verschiedene Organisationen und Aktivist*innen setzen sich seit Jahrzehnten dafür ein, Intergeschlechtlichkeit zu depathologisieren, denn Intergeschlechtlichkeit ist keine Krankheit; sie ist vielmehr eine natürliche Variation und somit Teil geschlechtlicher Vielfalt. Entgegen gängiger Praxis sind nur die wenigsten Begleiterscheinungen von Intergeschlechtlichkeit medizinisch behandlungswürdig. (Vgl. Tollmeier, AWMF)

Der Begriff „Intersexualität“ (lat. inter = zwischen; „sexualität“ = sexus = biologisches Geschlecht) wurde 1915 von dem Genetiker Richard Goldschmidt geprägt und ist noch immer weit verbreitet (Goldschmidt 1915). Er wird besonders in medizinischen Diskursen verwendet und dient dort als Fremdbezeichnung. Einige inter* Personen bevorzugen diesen Begriff auch als Selbstbezeichnung. Der Begriff steht aber in der Kritik, im deutschen Sprachraum missverständlich zu sein. So wird Intersexualität oft fälschlicherweise als sexuelle Orientierung verstanden. „Intergeschlechtlichkeit“ stellt im deutschsprachigen Raum eine verständlichere Umschreibung dar und wird von vielen inter* Personen als weniger pathologisierend empfunden und oft von inter* Gruppierungen selbst verwendet. ("Inter und Sprache", 2015)

Bis heute werden viele inter* Personen im Säuglings- oder Kindesalter unwissentlich und ohne ihre Zustimmung operiert und somit in ihrer körperlichen Selbstbestimmtheit stark eingeschränkt. Die irreversiblen Operationen sollen äußerliche Abweichung von einer binären Geschlechterordnung anpassen und sind in den wenigsten Fällen medizinisch notwendig. Nicht selten ergeben sich Komplikationen, die zu Folgeeingriffen führen. Die Konsequenzen reichen von posttraumatischen Belastungsstörungen bis zu chronischen Schmerzen. Häufig erfahren betroffene inter* Menschen erst im Erwachsenenalter durch Einsicht in ihre Krankenakte von den Eingriffen. (Vgl. Enzenhofer/Mac Gowan, 2012)

Seit Jahren besteht Einigkeit unter verschiedenen nationalen und internationalen Institutionen, u. a. der UN, der WHO und Amnesty International, über die Schädlichkeit von Operationen an inter* Personen ohne ihr Einverständnis (Inter NRW). Medizinisch nicht notwendige Operationen an inter* Säuglingen und Kindern sind in Deutschland legal (Kühne 2019). Das Justizministerium brachte 2020 einen Gesetzentwurf zum Schutz von Kindern mit so genannten „Varianten der Geschlechtsentwicklung“ auf den Weg, welcher medizinisch nicht notwendige Operationen an intergeschlechtlichen Kindern verbieten soll (BMJV 2020, Bundesregierung 2020). Der Gesetzentwurf geht inter* Verbänden wie u. a. „oii Deutschland“ nicht weit genug. So können Eltern nach Konsultation einer „Experten Kommission“ auch weiterhin Operationen an ihren Kindern zustimmen, die nicht zwingend notwendig sind. Jugendliche sind in dem Gesetzentwurf gar nicht erfasst. (IVIM / Oii Deutschland, 2020)

Im Juli 2020 wurde mit dem Selbstbestimmungsgesetz ebenfalls das Ende der genitalverändernden chirurgischen Eingriffe an Kindern gefordert. Die Partei „Die Linke“ schlug zudem eine Entschädigung für Betroffene von ungewollter Sterilisation und anderen inter* spezifischen Operationen vor. ("40 Jahre", 2020)

Inter* entspricht nicht immer der Geschlechtsidentität. Es gibt unter inter* Menschen eine ebenso große geschlechtliche Vielfalt wie unter endogeschlechtlichen Menschen. Seit der Reform des Personenstandsgesetzes 2013 kann der Geschlechtseintrag von inter* Personen im Geburtenregister frei gelassen werden. Seit Dezember 2018 gibt es neben den Einträgen weiblich, männlich und keinem Eintrag den positiven Geschlechtseintrag „divers“. (LSVD)

Mit dem I sind inter* Personen auch im LSBTQIA Akronym vertreten. Eine australische Studie zeigt, dass sich 52 % der befragten inter* Community als nicht heterosexuell verorten; 8 % sind trans* (Jones et al, 2016). Nicht jede inter* Person versteht sich jedoch als Teil der LSBTQIA-Community. Einige sehen ihre Intergeschlechtlichkeit als ein rein medizinisches Phänomen. Zudem wird Intergeschlechtlichkeit von einigen lsbt Menschen für eigene Ziele instrumentalisiert, z. B. als Kritik an der binären Geschlechterordnung, ohne dass die spezifischen Probleme von inter* Personen hinreichend Beachtung finden (Zwischengeschlecht.org, 2012). So kommt es, dass ein Teil der dyadischen queeren Menschen Intergeschlechtlichkeit vornehmlich als theoretisches Konstrukt verstehen und nicht als gelebte Realität von Mitmenschen. (Koyama et al., 2003)

Am 26. Oktober ist der internationale Intersex Awareness Day.


Quellen

  • Antidiskriminierungstelle des Bundes:  Inter*, letzter Zugriff 02.12.2020
  • Enzenhofer, B./Mac Gowan, J. (2012): „1-0-1 Intersex“. an.schläge – Das feministische Magazin, Mai 2012. Letzter Zugriff 02.12.2020
  • Inter* & Sprache. Hrsg. TransInterQueer-Projekt »Antidiskriminierungsarbeit & Empowerment für Inter*« In Kooperation mit IVIM / OII Deutschland. 2015, S.15, letzter Zugriff 02.12.2020
Das Glossar soll sich im gegenseitigen Austausch mit Leser*innen weiterentwickeln.

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