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20. JUNI

Weltflüchtlingstag

Ende 2024 waren weltweit rund 123,2 Millionen Menschen auf der Flucht (UNHCR 2024). Das geht aus den neusten Zahlen des Global Trends-Report des Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen UNHCR hervor. Im Dezember 2000 erklärte die UN-Vollversammlung den 20. Juni zum Weltflüchtlingstag. Seit 2001 wird deswegen jedes Jahr allen Menschen, die beispielsweise vor Krieg, Terror, Verfolgung oder Naturkatastrophen fliehen müssen und jenen, die auf der Flucht sterben, gedacht. Auch in Dortmund finden verschiedene Aktionen statt, die dieses Jahr vor allem an die Opfer an Europas Grenzen erinnern sollen.

Zahlen und Fakten zu Menschen auf der Flucht

So viele Menschen wie aktuell waren noch nie auf der Flucht. Seit Jahren steigt die Zahl der Geflüchteten, laut UNHCR sind 1,5 % der Weltbevölkerung Vertriebene. Im Vergleich zum Jahr 2010 hat sich die absolute Zahl der Menschen sogar verdoppelt (UNHCR 2024). Unter den Geflüchteten waren Mitte 2024 rund 73 Millionen Binnenvertriebene, die innerhalb ihres eigenen Landes vor Konflikten und Gewalt fliehen mussten und rund 42 Millionen Flüchtlinge, die das Land, dessen Staatsangehörigkeit sie haben, verlassen mussten und nun in einem anderen Land leben. Dort stehen ihnen nach der Genfer Flüchtlingskonvention besondere Rechte und Schutzanspruch zu. Sie stehen unter dem Schutz des UNHCR Mandat der UN-Generalversammlung. Weitere rund 8 Millionen Menschen waren 2024 Asylsuchende, die im Ankunftsland einen Asylantrag gestellt haben, deren Asylverfahren aber noch nicht abgeschlossen war.

Die Fluchtursachen und Herkunftsländer sind dabei vielfältig. So haben der Klimawandel und die daraus resultierenden Naturkatastrophen eine immer größere Relevanz (Aktion Deutschland hilft o. J.). Die meisten Menschen fliehen aber vor Kriegen oder politischen und gesellschaftlichen Krisen. Dabei spielen bestehende, aber auch neu aufgeflammt Konflikte eine gleichermaßen große Rolle. Die Herkunftsländer, aus denen die meisten Menschen flohen waren 2024 Venezuela (6,2 Millionen), Syrien (6), Afghanistan (5,8), die Ukraine (5,1) und der Südsudan (2,3. „Viele dieser Flüchtlinge sind bereits seit vielen Jahren auf der Flucht. Der Anstieg in der ersten Hälfte des Jahres 2024 ist vor allem auf die anhaltende Vertreibung aus dem Sudan und der Ukraine zurückzuführen“, schreibt die UNO Flüchtlingshilfe auf ihrer Internetseite.

Außerdem waren laut dem Global Report 2024 5,9 Millionen Palästinenser*innen (UNHCR 2024) auf der Flucht. Für palästinensische Flüchtlinge in den Gebieten Jordanien, Libanon, Syrien, Westjordanland und dem Gazastreifen übernimmt das UNRWR Mandat der UN-Generalversammlung die Verantwortung und nicht das UNHCR Mandat, welches für den Schutz aller anderen internationalen Geflüchteten zuständig ist. Diese Unterscheidung in verschiedene Zuständigkeiten führt dazu, dass Palästinenser*innen zwar in der Gesamtstatistik aller Flüchtlinge vorkommen, aber nicht in den Aufzählungen der häufigsten Herkunftsländer.

Frauen und Kinder auf der Flucht

Besonders gefährdete Menschengruppen auf der Flucht sind Frauen und Kinder. Laut UNHCRS sind 41 % der Geflüchteten Kinder. Eine Gruppe, die besonderes wehrlos und dadurch im hohen Maße Gewalt und Willkür ausgeliefert ist (UNHCR 2024). Die Hälfte der Menschen auf der Flucht sind Frauen und Mädchen (UNHCR 2024). Die meisten Frauen fliehen aus denselben Gründen wie Männer: Kriege, politische Verfolgung, Armut, Menschenrechtsverletzungen, Hunger oder Klimakatastrophen.

Es gibt aber auch geschlechtsspezifische Gewalt, der Frauen und Mädchen ausgesetzt sind. Dazu zählen beispielsweise Genitalverstümmelung, Zwangssterilisierung oder -heirat, Menschenhandel, Sexismus und Diskriminierung, wie beispielsweise die Verweigerung des Rechts auf Bildung oder Arbeit (Krämer & Scherschel 2018). Auch Vergewaltigungen und sexualisierte Gewalt sind Ausmaße geschlechtsspezifischer Gewalt, die in vielen Konflikten als strategisches Mittel der Kriegsführung eingesetzt werden und von denen in den meisten Fällen Frauen und Mädchen betroffen sind (Krämer & Scherschel 2018).

Außerdem fehlen Frauen auf der Flucht – beispielsweise wegen fehlender Arbeit in der Heimat – oft grundlegende finanzielle Mittel, weswegen sich viele eher zu der Flucht innerhalb des eigenen Landes entscheiden, statt weite und riskante Wege auf sich zu nehmen (Krämer & Scherschel 2018). Auch während oder noch nach der Flucht sind besonders Frauen, zum Beispiel in Aufnahmeunterkünften, anhaltender Diskriminierung, Unterdrückung und Bedrohungen ausgesetzt (Krämer & Scherschel 2018).

Aktuelle Verschärfung der Asylpolitik

Um geschlechtsspezifischer Gewalt entgegenzutreten und den Schutz von geflüchteten Frauen weltweit zu gewährleisten, müssten mehr gendersensible Perspektiven eingenommen werden und geschlechtsspezifische Fluchtursachen sowie Gefahren auf der Flucht mehr beleuchtet werden. Außerdem müssten bestehende Richtlinien, wie beispielsweise die Istanbuler Konvention, konsequenter durchgesetzt und neue Richtlinien entworfen werden. Das geschieht aktuell nicht.

So schrieben die Soziologinnen Anna Krämer und Karin Scherschel bereits 2018 in ihrem Text „Frauen auf der Flucht“: „Die gegenwärtige europäische Asylpolitik konzentriert sich auf die Abwehr von Migrationsbewegungen und trägt in ihrer aktuellen Form dazu bei, die Situation von Frauen zu verschlechtern.“

Das geschehe durch das Abschieben in unsichere Länder, das Abriegeln legaler Fluchtrouten, was Frauen zu riskanten Wegen zwingt oder auch die verpflichtende Unterbringung in Erstaufnahmelagern, welche häufig wenig bis keine gendersensible Infrastruktur böten.

Durch die im Mai 2024 eingeführte GEAS-Reform (Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems), hat sich die Situation für alle Flüchtlinge an den europäischen Grenzen weiter verschärft: Durch die GEAS sollen unter anderem Asylverfahren beschleunigt werden und der Grenzschutz an den EU-Außengrenzen sowie Asylzentren ausgebaut werde. Letztere sind zwar auf EU-Gebiet gebaut, gelten jedoch für die Flüchtlinge als nicht-eingereist (bpb 2024). Mehrere Menschenrechtsorganisationen kritisieren die GEAS-Reform als menschenunwürdig und als einen Ausbau der „Festung Europas“ (Pro Asyl 2024).

Das Netzwerk UNITED for Intercultural Action dokumentiert und veröffentlicht seit 1993 jedes Jahr eine Liste mit den „Toden von Flüchtlingen und Migranten aufgrund der restriktiven Politik der ‚Festung Europas‘“. Mitte 2025 zählte das Netzwerk mehr als 66.500 Menschen, die auf Grund der Asylpolitik während der Flucht oder nach der Flucht unteranderem ertrunken sind, ermordet wurden oder sich das Leben genommen haben (UNITED 2025).

Weltfüchtlingstag in Dortmund 2025

In Dortmund ruft das Aktionsbündnis „Beim Namen nennen“ in den Tagen vor dem Weltflüchtlingstag zur Aktionswoche auf, um an die seit 1993 während oder nach der Flucht nach Europa ums Leben gekommenen Menschen zu erinnern. In einer 24-stündigen Lesung werden vom 19. auf den 20. Juni in der Reinoldikirche von Vertreter*innen aus Kultur, Politik und Zivilgesellschaft alle 66.519 Namen der bekanntlich auf der Flucht gestorbenen Menschen vorgelesen. Außerdem ist die ganze Woche das „Mahnmal der Menschenwürde“ vor und in der Kirche aufgestellt. Ein Mahnmal, dass aus tausenden von Stoffstreifen besteht, auf denen die Namen (wenn bekannt), Herkunft, Todeszeitpunkt und Todesumstände der einzelnen Menschen geschrieben wurden. Mehr Informationen zu diesen und weiteren Aktionen finden sich auf der Website des Bündnisses.

Im sozial-ökologischen Zentrum (SÖZ) in der Nordstadt wird am 20. Juni von 16:30 bis 18:30 Uhr das Seminar „Mehr als Herkunft“ angeboten. Teilnehmende sind eingeladen, sich über Erfahrungen und Chancen in einem neuen Land auszutauschen. Begleitet wird das Seminar von der Fotoausstellung „Integration trifft Inspiration“. Hier werden Portraits von Frauen gezeigt, die aus ihrem Heimatland fliehen mussten und sich in Deutschland ein neues Leben aufgebaut haben.

Stand: Juni 2025


Quellen