trans* (Adj.)
Das Adjektiv trans* kann als radikal inklusive Sammelbezeichnung für alle Menschen dienen, die sich nicht oder nicht ausschließlich mit dem Geschlecht identifizieren, dem sie bei der Geburt zugewiesen wurden. Hierbei sollte beachtet werden, dass es sich dabei um eine Selbstbezeichnung handelt, die nicht alle transidenten Personen verwenden.
Das Sternchen steht als Platzhalter für alle Begriffe, welche an die Vorsilbe „trans“ angehängt werden können: ⇒ transsexuell, ⇒ transgender, ⇒ transgeschlechtlich etc. (LAG Lesben 52).
Sammelbegriffe für verschiedene Ausprägungen von trans* Identitäten sind nicht neu: Die kollektive Energie der trans* Bewegungen in den USA der 1990er Jahre machte es möglich, den Begriff „transgender“ erstmalig als „umbrella term“ (Sammelbegriff) zu verwenden um deutlich zu machen, dass verschiedene Ausprägungen von Transgeschlechtlichkeit möglich und taxonomisch vereinbar sind (Singer 259). Auch der Begriff „trans*“ wurde bereits in den 1990ern von ⇒ lgbtq Gemeinschaften als Sammelbegriff für eine Vielzahl an Identitäten genutzt, die mit traditionellen Vorstellungen von ⇒ Gender brachen (Steinmetz). Andere Quellen datieren die Nutzung des Kurzcodes „t*“ für allerlei trans*-bezogene Phänomene durch ältere trans* Menschen bereits auf die frühen 1980er Jahre (Ryan).
Der Asterisk in trans* kommt aus der Computersprache und steht in einigen Betriebssystemen für eine beliebige Anzahl von Zeichen (Gavin). Zu den frühen Nutzerinnen der Bezeichnung gehörten wahrscheinlich trans* Frauen aus der IT-Branche, welche die Platzhalterfunktion des Sternchens mit „trans“ als Sammelbegriff kombinierten (Hill-Meyer zitiert in Gavin). „Trans*“ wurde u.a. strategisch als gemeinschaftliche Bezeichnung genutzt, um Auseinandersetzungen zwischen transgender und transsexuellen Gemeinschaften in den 1990ern zu überbrücken und kollektiv, politisch handlungsfähig zu sein (ibid.)
Seit 2010 wird das Adjektiv „trans*“ zunehmend gebräuchlicher (Hoenes & Schirmer 1205). Häufig ist es an das Interesse geknüpft, das Spektrum von transgender zu erweitern und z. B. auch andere Formen des Transseins wie ⇒ genderqueer, ⇒ nicht-binär, ⇒ genderfluid, ⇒ agender und viele weitere zu inkludieren (ibid.).
Sammelbegriffe sollten jedoch vorsichtig genutzt werden: Beispielsweise kann eine kategorische Aneignung diverser geschlechtlicher Lebensformen in anderen Teilen der Welt durch den Begriff „trans*“ die unterschiedlichen Kontexte historisch eingebetteter, nicht-westlicher Subjekte verschleiern (Towle & Morgan zitiert in Singer 260).
Einige positionieren sich gegen eine Verwendung des Sternchens hinter trans, weil auch das Adjektiv trans allein alle transgeschlechtlichen Personen umfasst, wodurch das Sternchen überflüssig wird. Zum anderen könne durch den Asterisk suggeriert werden, „dass manche Transmenschen nicht als ‚richtig‘ trans oder nicht als trans ‚genug‘ verstanden werden“ (transgeniale f_antifa).
Quellen
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Gavin, Patrick. „What’s the asterisk in ‚trans*‘ mean and why do some find it offensive?“. The LGBTQ+ Experiment, 18.02.2019, letzter Abruf 07.08.2020.
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Hill-Meyer, Tobi. „Insider politics warning“. Facebook, 24.06.2015, letzter Abruf 07.08.2020.
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Hoenes, Josch & Schirmer, Utan. „Transgender/Transsexualität: Forschungsperspektiven und Herausforderungen“. Handbuch Interdisziplinäre Geschlechterforschung, Geschlecht und Gesellschaft, B. Kortendiek et al. (Hrsg.), Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2019, S. 1203-1212.
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LAG Lesben in NRW e. V. (Hrsg). Fibel der kleinen Unterschiede. 10. Aktualisierte und überarbeitete Auflage, Düsseldorf, 2019.
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Ryan, Hugh. „What Does Trans* Mean, and Where Did It Come From?“. SLATE, 10.01.2014, letzter Abruf 07.08.2020.
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Serano, Julia. „Regarding Trans* and Transgenderism“. Whipping Girl (Blog), 27.08.2015, letzter Abruf 07.08.2020.
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Singer, Benjamin T. „Umbrella“. TSQ: Trangender Studies Quarterly (Keyword Section), Volume 1, Number 1-2, S. 259-260, letzter Abruf 07.08.2020.
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S. Steinmetz, Katy. „The Oxford English Dictionary Added ‚Trans*‘. Here’s What the Label Means”. TIME, 03.04.2018, letzter Abruf 07.08.2020.
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Towle, Evan B., and Lynne M. Morgan. 2006. ‘‘Romancing the Transgender Native.’’ The Transgender Studies Reader, Susan Stryker & Stephen Whittle (Hrsg.), Routledge, S. 666–84.
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Transgeniale f_antifa. „JETZT NEU! Ohne Sternchen!“ transgeniale f_antifa (Blog), 31.10.2015, letzter Abruf 07.08.2020.
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