Homosexualität, die | homosexuell (Adj.)
Homosexualität beschreibt eine sexuelle Orientierung, bei der sich Personen romantisch, emotional und/oder sexuell primär oder ausschließlich zu dem eigenen Geschlecht hingezogen fühlen (Homosexualität, 2017). Der Begriff „homosexuell“ ist historisch pathologisierend und kriminalisierend verwendet worden und wird selten als Selbstbezeichnung genutzt. Die gängigeren Selbstbezeichnungen für homosexuelle Menschen sind schwul und lesbisch.
Obwohl es gleichgeschlechtliche Liebe und Sexualität schon immer gegeben hat, wurde der Begriff Homosexualität durch Karl-Maria Kertbeny geprägt, der diesen in seinen Schriften gegen die Kriminalisierung und das Verbot von Homosexualität verwendete (Ambrosino 2017). Unabhängig von Kertbenys politischer Haltung wurden die von ihm genutzten Begriffe schnell zu Abgrenzungsmarkern. Heterosexualität wurde zu dem als natürlicher „Normalzustand“ und Homosexualität zur Abweichung von dieser Norm erachtet. Dies führte letztendlich auch zur Pathologisierung von Homosexualität (Schomers, 2018). Ende des 19. Jahrhunderts bezeichnete der Psychiater Richard von Kraft-Eibing Homosexualität als erbliche Nervenkrankheit und plädierte dafür, dass „Betroffene“ nicht rechtlich verfolgt, sondern psychiatrisch behandelt werden sollten (von Kraft-Eibing, 1898). Die sogenannte „Konversionstherapie“, welche Menschen von ihrer Homosexualität „heilen“ sollte, ist nur ein Beispiel für die dabei angewandten gewaltvollen Methoden. Erst 1993 hat die WHO Homosexualität aus der Liste der psychischen Krankheiten entfernt (Ostertag, 2008). Seit 2020 ist die Anwendung der sogenannten Konversiontherapie an Minderjährigen verboten (§2 KonvBehSchG).
Die eigene Sexualität sowie Liebesbeziehungen waren und sind nur dann eine private und persönliche Angelegenheit, wenn sie heterosexuell sind. Gleichgeschlechtliche Liebe und Sexualität hingegen hat immer eine politische Dimension. Homosexualität galt nicht nur als „zu heilen“, sondern auch zu bestrafen, zu überwachen, zu regulieren und rechtlich zu beschneiden.
Ende des 19. Jahrhunderts wurde die strafrechtliche Verfolgung und polizeiliche Überwachung schwuler Männer und lesbischer Frauen im deutschen Kaiserreich gesetzlich legitimiert. Zurzeit des Nationalsozialismus wurden besonders schwule Männer durch den § 175 des deutschen Strafgesetzbuches systematisch verfolgt und bestraft. Auch lesbische Frauen wurden durch die Homosexuellenverfolgung unterdrückt und verfolgt (LSVD, O.D).
Durch die unermüdliche Arbeit verschiedenerer Verbände, Vereinigungen und Aktivist*innen hat sich die Situation schwuler, lesbischer, bisexueller, trans- und intergeschlechtlicher Menschen in Deutschland jedoch deutlich verbessert. So kam es in den 1970ern zu einer Reform des § 175, restlos gestrichen wurde dieser 1994 (Schomers, 2018). 2006 wurden sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität unter dem Begriff sexuelle Identität im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzt erfasst und lsbtqia Personen somit rechtlich vor Diskriminierung geschützt (§ 1 AGG). Auch die Ehe für alle, die seit 2017 in Deutschland legal ist, ist ein Meilenstein im Kampf für die Gleichberechtigung. Auch das lange kritisierte Blutspende Verbot für schwule und bisexuelle Männer, wurde 2021 angepasst, (Küpper, O.D). Und auch weiterhin setzten sich Vereine wie zum Beispiel der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) für die Rechte queerer Menschen in Deutschland ein. So fordert der LSVD zum Beispiel die Aufnahme der sexuellen Orientierung in den dritten Artikel des deutschen Grundgesetztes (Hochrein, 2021).
Quellen
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Ambrosino, Brandon (2017): "The Invention of ‘Heterosexuality." BBC Future, Zugriff 19.10.2022.
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„Homosexualität“ (2017): Queer Lexikon, Zugriff 14.12.22
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Hochrein, Axel (2021): „Artikel 3 GG ergänzen: Den Anfangsfehler endlich korrigieren“. Lesben- und Schwulenverband, Zugriff 19.10.2022
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Küpper, Stephan David (O.D): „Richtlinien zur Spenderzulassung Homosexuelle Männer können deutlich leichter Blut spenden“. Deutsches Rotes Kreuz, letzter Zugriff: 25.10.2022
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LSVD (O.D.): „Von 1933 bis heute: Lesben und Schwule in Deutschland und der DDR“ Lesben- und Schwulenverband. Zugriff 25.10.2022
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Ostertag, Ernst (2008): „WHO und Homosexualität: Als Krankheit gestrichen“. Schwulengeschichte.CH, Zugriff 14.12.22
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Schomers, Bärbel (2018): Coming-out – Queere Identitäten zwischen Diskriminierung und Emanzipatoin. Leverkusen: Budrich UniPress.
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von Krafft-Ebing, Richard (1898): Psychopathia Sexualis. 3. Auflage. Stuttgart: Verlag von Ferdinand Enke
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